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Die ehemaligen Kabinettscheiben der Kirche

St. Peter und Paul "Läufelfingen"

 

Ende des 15. Jahrhunderts war es üblich geworden, kleine Glasmalereien herstellen zu lassen und sie in Fensterflügel von Amts- und Wohnstuben, aber auch in Kirchen als sogenannte Kabinettscheiben einzusetzen. Es waren grösstenteils Scheibenrisse (Entwürfe), die man von einem Künstler herstellen liess und sie zur Ausführung einem Kunsthandwerker übergab. –Dass die Kirche Läufelfingen zu solchen Glasmalereien kam, ist wahrscheinlich Pfarrer Rudolf Brötlin zuzuschreiben. Im Jahrbuch machte er 1487 anlässlich seines Schreibens über die Heiligenverehrung, etc. entsprechende Andeutungen:…so dick sel i(h)m ouch davon werden ein wapp…

Nach der Vollendung der spätgotischen Kirche stifteten kurz vor und nach 1500 die Stadt Basel, einige Homgurger Landvögte und weitere Personen aus adeligen Kreisen zahlreiche Kabinettscheiben in die Chorfenster. Man könnte annehmen, dass die Stifter die Peter und Pauls Kirche begünstigten, weil die Homburg keine Schlosskapelle besass und die Vögte den Gottesdienst in der Dorfkirche besuchten.

 

Darstellung vor blauviolettem,damasziertem Hintergrund. Zwischen zwei Felsen schreitet Christophorus durch das Wasser, einem Baumstock in den Händen, das Christuskind mit Kreuznimbus und Weltkugel in der Hand auf den Schultern tragend. Er trägt rote Hosen, einen langen, blauen Rock und einen roten, im Winde fliegenden Mantel. Die Scheibe ist stilistisch um 1480 unter dem Einfluss Schongaus entstanden und wohl kaum eine Stiftung des Bischofs Christoph von Utenheim, sondern an der Passtrasse als Patron der Reisenden dargestellt.

 

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Wappenscheibe mit Stechhelm, Kleinod und gotischer Helmdecke auf rotem Damastgrund unter Rankenbogen. Am Fuss vom Schild etwas überschnitten, auf Weiss die schwarze Inschrift in gotischen Minuskeln: „heinrich von arx/ vogt zu homburg 1498“. Einige Stücke ergänzt. Heinrich von Arx war Landvogt zu Homburg 1486- 1496, zurzeit, als Pfarrhaus und Kirche erbaut wurden.

 
 
 

Umrahmt von spätgotischer Bogenarchitektur, oben mit stark bewegten Akanthusranken besetzt. Tartarenschild mit Stab, gehalten von zwei Löwen auf grünem Rasen vor landschaftlichem Hintergrund, anstelle des Damasts. Nur zwei farbige Gläser in Blau und Grün. Die Landschaft mit Schwarzlot und wenig Silbergelb auf Dunkelblau.

 
 
 
Halbrunder Schild mit Stab, gehalten von zwei Basilisken vor rotem Damast auf grüner Rasenfläche. Im Kopfstück über bogenförmiger Kontur aus rötlichviolettem Glas zwei breitspurig stehende Landsknechte mit Basler Pannern vor einer Steinmauer.
 
 
 

Ein schlanker, bärtiger Waldmensch steht in violetter Dreipassumrahmung vor blauem, mit Ranken damasziertem Grund, zwei Wappen haltend. Links in Rot auf grünem Dreiberg drei weisse Nelken und rechts in Gelb auf rotem Dreiberg eine offene, weisse Schere. Beide Wappen sind unbekannt.

 
 
 

Die beiden Wappen auf Tartschen mit verzierten Stechhelmen und reich bewegten Helmdecken, überhöht von den Kleinodien, die vor einem landschaftlichen Hintergrund die Zwischenräume einer Bogenarchitektur in Renaissanceformen ausfüllen. Unten auf weisssem Band die Frakturschrift: „Hr Jacob Ottendorf gen Rephuhn dieser Zitt Vogtt/ zu Homburg, Frow Margrett Ougline. Ano 1551“. Die Scheibe wurde rechts ergänzt.

 
 
 

Halbrundschild mit gerautetem Feld vor gelbem, mit Ranken damasziertem Grund, umschlossen von grünem Lorbeerkranz mit vier weissen Rosen.

 
 
 

Gewendeter Stab, sonst gleich wie Nr. 7, aber anderes Damast Muster auf Schild und Grund.

 
 
 
Auf grünem Rasenboden steht vor blauem Damastgrund die Schildhalterin in elegantem, weissen Kleid. Die kunstvoll gemusterte, gelbe Saumborde hebt sich vom roten Untergewand ab. Wappen von Rümlang in Überfangtechnik (Glas mit einer dünnen, farbigen Schicht überzogen, Gotik): Rot, ein silbernes Einhorn. Über der Helmzier das Abzeichen der Rittergesellschaft vom Fisch und Falken sowie die Inschrift: „hans von Rumlng 1502“. Aus den seitlichen Astbögen wachsen in den Zwickeln Blätter und Blumen. Unterste Partie mit Rasen, Gewandsaum und Wappenboden ergänzt. Die Rümlang sind ein Zürcher Adelsgeschlecht. 1424 ging ihre Vogtei an die Stadt Zürich. Nach Hrch. Buser, Heimatkunde und Albert Burckhardt war die Scheibe aber eindeutig in Läufelfingen. Näheres über den Stifter ist nicht bekannt.
 

 

quelle schweizerisches nationalmuseum zürich dig-23419_lm-1321b5

 

Auf violettem Fliesenboden steht vor blauem Damstgrund die Schildhalterin als elegante Dame in grünem Kleid über einem roten Gewand mit weisser, gemusterter Borte. Das Haupt ziert eine grosse, edelsteinbesetzte Haube; an den Füssen sitzen spätgotische Schnabelschuhe. Wappen von Randegg in Überfangtechnik gearbeitet: In Silber ein roter Löwenkopf. Über der Helmzier die Abzeichen der Ritterschaft vom Fisch und Falken. Oben die Inschrift: „Martin von Randegk ann dni 1501“. Martin von Randegg (1469- 1516) besass den Ober- und Niederhof zu Diesssenhofen. Nach Buser, Heimatkunde und Albert Bruckhard war die Scheibe, die mit den beiden im Schweizerischen Landesmuseum eng verwandt sind und deshalb ebenfalls aus Läufelfingen stammen könnten. Es sind dies die Wappenscheiben des Jacob von Reinach-Schönau und des Hans von Schönau-Wertenberg.

 
 
 

    Aus einem Bericht von Pfarrer K. Gnauss:

Nachdem 1877 die mittlere Glocke einen Riss bekommen hatte, fehlte der Gemeinde das Geld für den Umguss, und sie trat mit dem Berner Grossrat und Bankier Friedrich Bürgi in Verhandlungen. Um die Glocke bezahlen zu können, wollte sie ihm die Kabinettscheiben der Kirche, deren Wert allgemein unterschätzt wurde, verkaufen. Im Auftrag der Verwaltung des Kirch- und Schulguts nahm Armeninspektor und Ständerat Martin Birmann einen Augenschein vor. Er stellte fest, dass ursprünglich alle drei Chorfenster Glasmalereien besassen, aber dass diese mit der Zeit in Brüche gegangen und jene im Mittelfenster nach der Aufstellung der Orgel vom Jahre 1824 abhandengekommen waren! Besonders alte Scheiben befanden sich nur noch in den Seitenfenstern, wo Birmann sieben Kabinettscheiben und drei Rundscheiben feststellte. Über die fehlenden Scheiben konnte niemand Auskunft geben. Nur Heinrich Buser wusste 1865, dass im Jahre 1784 eine Marienscheibe nach Basel gekommen sei. Läufelfingen erhielt vom Kirchen- und Schulgut die Erlaubnis, die Scheiben für 2`200.- zu verkaufen, immerhin mit der Auflage, bei Bürkis Tod ein Rückkaufsrecht geltend zu machen. Dieses Versprechen wurde, ob aus Unkenntnis, von den Erben nicht eingehalten. 1881 brachten sie diese 10 Scheiben an eine Gant in Basel. Martin Birmann gelangte es, die Erben zu bewegen, wenigstens 7 Scheiben dem Historischen Museum Basel für 500 Franken zu überlassen. Die zwei wertvollsten waren unter der Hand 1886 aus einer Leiziger Sammlung Felix an einer Auktion in Köln wieder aufgetaucht. Dort gelang es, nur eine der Scheiben wieder für Basel zurückzukaufen (Christophorus). Die zwei wertvollsten hatte ein Agent das Baron Rotschild in Paris für je ca. Fr. 10`000.- erworben; doch gelangten sie 1895 aus dem Kölner Kunsthandel ins Schweizerische Landesmuseum.

Quelle: Die Kirche Läufelfingen von Lehrer Ernst Schaub, Quellen: Kunstdenkmäler Kt. Baselland v. Dr. Hans-Rudolf Heyer. Alb. Burckhard, BJ 1888, S. 256-267. Katalog des Schweizerischen Landesmuseum.

Quelle der Kabinettscheiben-Bilder: Historisches Museum Basel, Schweizerisches Landesmuseum.